Frei sein 2016

Buch22016-06-05

Ich bin nach der Schule abgehauen, habe mein Pferd bepackt und bin mit einem Pferdeanhänger nach Schweden gefahren.

Nach Norden, bis die Strassen enger wurden und kaum mehr Autos oder Häuser in Sicht waren. Dort hat man mich abgesetzt. Ich ging von der Straße direkt in den Wald und erst nach 3 1/2 Monaten wurde ich wieder gesehen.

Es war eine Flucht vor den Menschen – und vor mir. Ich habe gelernt wie es ist, zu sein, ohne Sprache, ohne Zeit, ohne Ziel. Wochenlang konnte ich mich vor Angst kaum bewegen, das Nichts vor mir machte mir solche Angst, wie ich sie niemandem erklären kann. Ich rammte mir aus Versehen mein Messer ins Bein, aber man hört auf sich zu sorgen, wo niemand diese Sorgen teilen könnte. Schmerz ist schlimmer, wenn jemand da ist, der mitfühlt.

(Frei sein- Droemer Knaur)

Frei sein 2016Jedes Jahr packe ich nicht meine Koffer, sondern mein Pony. Und ich nehme mit; tja, alles was man so braucht, wenn man über Wochen alleine durch die schwedischen Wälder zieht – mit dem Ziel möglichst niemandem zu begegnen.

Ein Messer, Angelzeug, was zum Lesen, meinen Schlafsack und ne Möhre für mein Pony. Diese wird aber rationiert.

Ich bin im wirklichen Leben viel unter Menschen, arbeite mit ihnen, lerne von ihnen. Ich bin Schauspielerin. Ich bin Musikerin. Alles was ich zeige, hab ich irgendwo gesehen. Alles was ich fühle, hab ich irgendwo gelernt.

Aber was hat das eigentliche Leben mir eigentlich beigebracht. Was ist eigentlich das „eigentliche“ Leben? Wo fängt es an. Wie fühlt es sich an. Und wer bin ich, wenn ich mal über Wochen und Monate von niemandem reflektiert werde, mit niemandem reden muss, von niemandem abhängig bin und niemandem verpflichtet?

Wer bin ich dann. Noch.

Es gibt sicher viele Methoden, um sich selbst und den Antworten auf all diese Fragen näher zu kommen. Yoga, vielleicht… oder Meditation. Ich schnappe mir eben mein Pony und ziehe in den Wald im Norden. Grabe Wurzeln aus, angle Fische, koche Tütensuppen, schreibe und lese viel. Halte komplett die Klappe und höre zu.

Das absurdeste in meinem Leben war, dann tatsächlich ein Buch über diese intimste und privateste, diese ehrlichste aller Seiten an mir zu schreiben. Als das Interesse da war, hab ich mich daran gesetzt zu versuchen in Worte zu fassen, was ich eigentlich suche. Und als ich mit meinem Buch „Frei sein“ auf Lesereise ging, passierte das Wunder.

Ich fand mich auf einmal in bester Gesellschaft. Ich war damit gar nicht alleine, ich war damit eine von vielen, von tausenden, vielleicht zehntausenden, die sich wünschen aus all den Errungenschaften, aber auch all den Zwängen, einmal auszubrechen. Ich hatte immer gedacht, ich passe nicht in die Gesellschaft. Es stellte sich heraus, diese gefürchtete Gesellschaft als solche gab es gar nicht. Nur abertausende von Menschen, die alle ein Ziel haben. Glücklich zu sein. Und jede und jeder sucht sein Glück auf seine eigene einzigartige Weise. Ich zwinge halt mein Pony mich dabei zu begleiten.

Ich bin nur eine von allen.

Und meine ganz spezielle Art der Suche möchte ich von nun an mit euch teilen. Also, wer mich begleiten möchte, hier ist mein Blog. Meine Gedanken direkt aus dem Wald, so zeitnah wie es die Gegebenheiten dort zulassen. Zwischen den Bäumen – kein Internet, kein Strom … aber ich sammle und stelle es für euch zusammen. Viel Spass und wünscht meinem Pony und mir sichere Pfade, die wünsche ich euch auch. Jederzeit.

Eure Vaile

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Susanne Keller
7 Jahre her

Ich kenne Dein Buch liebe Vaile. Hat sich bei mir nur versteckt! Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute während Deiner Wildnis Tour

Matthias
7 Jahre her

Gute Idee mit dem Blog! Ich habe das Buch gelesen und werde den Blog auch verfolgen. Viel Spaß in der Wildnis!

Tante Gerda
7 Jahre her

Liebe Vaile,
ich wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute für deine Reise.
Ich bewundere, dass du Ängste überwindest und so ganz mit dir allein
sein kannst. Dein Buch hat die ganze Familie gelesen, es war sehr
berührend und interessant.
Nochmal alles Liebe und Gute für dich und dein Pony.
Gerda