Schrecken ohne Ende in Sicht..
Dies ist der 3. Blog meiner aktuellen Reise gen Norden. Zu unseren letzten Outdoor Reisen geht es hier.
Als ich am nächsten Morgen zu Püppi in den Stall kam, war sie total gestresst. Man hatte die beiden anderen Pferde bereits aus ihren Boxen geholt und sie war ganz alleine in der fremden Stallgasse. Ich versorgte sie und ging erst einmal eine Stunde mit ihr spazieren. Danach longierte ich sie noch ca 35 Minuten in der Halle, damit sie sich den Stress ablaufen konnte und für die erneute Etappe im Anhänger vorbereitet wäre.
Natürlich machte ich mir Vorwürfe. Aber nun waren wir schon so weit. Und am Ende der langen Straße warteten mindestens 6 Wochen schwedische Ruhe, und 9,5 schwedische Kollegen Ponys. Ich versprach ihr, es würde es wert sein.
Da der ADAC mir den Ersatzreifen aufgezogen hatte und ich nicht riskieren wollte, dass mir durch Unachtsamkeit noch eine Panne passierte, suchte ich mir vorbildlich eine Werkstatt in der Nähe. Ich bat Tino von Tino´s Garage (der dritte Held mit “T” in meiner absurden Geschichte) mir nur kurz die Radmuttern nachzuziehen und plante dafür 15 Minuten Stop and Go ein. Danach wollte ich Püppi abholen und auf dem kürzesten Weg zum Fähranleger in Rostock. Geplant hatte ich alles recht eng, damit Püppi so wenig Wartezeit wie möglich hätte.
Der dritte Held mit “T”
Mit dem leeren Pferdehänger hielt ich vor Tino´s Garage. Wie telefonisch verabredet kam er mit dem Schraubdings in der Hand raus, um die Radmuttern nachzuziehen. Bevor er das tat, sah er sich alle Reifen kurz an und sagte dann kopfschüttelnd “Tut mir leid, so kannst du nicht weiterfahren”.
Ich (innerlich): “WTF???????”.
Ich (äusserlich): “Was meinst du denn damit? Ich muss in einer Stunde die Fähre kriegen und vorher noch ein Pferd verladen (PANIK)”
Er kniete sich wieder zu den Reifen und wackelte ein bisschen am Ventil. Es machte “zisch, zzzzzz, ziiiiii, schhhhhhh”. Das wiederholte er an allen vier Reifen und sagte, die Gummiventile seien durch. Es sei ein Wunder, dass nur ein Reifen geplatzt wäre.
Ich kann euch gar nicht beschreiben, wie verzweifelt ich mich gefühlt habe. Ich ging im Kopf sofort panisch B-Pläne durch. Natürlich hätte ich die Fähre am nächsten Tag nehmen können. Aber Püppi noch eine Nacht in der winzigen Box? Nein, da hätte ich tatsächlich lieber abgebrochen.
Licht am Horizont
Ich muss so elend ausgesehen haben, dass Tino hilfreich anmerkte, die Ventile müssten alle gewechselt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich noch davon ausgegangen, dass wir vier neue Reifen würden bestellen müssen. Was neben den enormen ungeplanten Kosten natürlich auch ein Zeitproblem gegeben hätte.
Also nur die Ventile. Er sah mich an und fragte: “Wann musst du hier spätestens los?
Ich sah zu rück und sagte hoffnungslos: “In 15 Minuten”.
Tilo rief irgendwas in die Werkhalle und grabschte sich meinen Autoschlüssel. “Das schaffen wir”.
Eine Minute später stand mein Pferdeanhänger perfekt rückwärts eingeparkt an der Halle. Zwei Mitarbeiter kamen mit Werkzeug herausgeschossen, der Anhänger wurde innerhalb von gefühlten 30 Sekunden von seinen Reifen befreit. Ich kam mir vor wie bei dieser Pit Stop Werbung. Alles flog quasi an mir vorbei und noch ehe meine 15 Minuten um waren, hatten alle vier Reifen neue Edelstahl-Ventile, 4,5 Bar Druck und saßen wieder da,
wo sie hingehörten.
Ich warf Tino eine Visitenkarte zu und rief neben meinem Dank, wie ich ihn bezahlen könne (Bar, Karte, Rechnung?). Tino rief zurück: “Du hast ne Fähre zu kriegen, das passt schon! Bring beim nächsten Mal n Bier für die Jungs mit!”
Ich (innerlich): WTF???
Ich (äusserlich): WTF??? 😀
Unglaublich. Bei all der Scheiße, die mir auf dem noch kurzen Weg passiert ist, sind mir Menschen begegnet, von denen ich nicht geglaubt habe, dass es sie überhaupt gibt.
Lieber ein Ende mir Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende
Ich wünschte, ich könnte euch jetzt sagen, dass wir den Rest der Fahrt entspannt und glücklich hinter uns gebracht hätten. Aber das ist leider nicht, was passierte.
Zwar erreichten wir unsere Fähre auf den allerletzten Drücker und die Fahrt verlief wirklich entspannt und vollkommen Ereignislos. Allerdings hielt der Friede nur die 5,5 Std der Überfahrt an…
Bis zum nächsten Blog!
Eure Vaile, Nocona und Nuri
Wow, man kann nicht sagen, dass es langweilig bei Dir ist…
Passt auf Euch auf!!!
Die Stelle mit Tino ist super, musste schön lachen beim Lesen, hab Dank dafür.