Abenteuer Reiseblog Teil 5
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Im Hier und Jetzt
Nach einer dieser extrem holprigen Anreise sind wir nun schon seit einigen Tagen zur Ruhe gekommen. Das Wetter könnte nicht schöner sein, und läßt die Strapazen schnell verblassen.
Ich lebe mich hier entspannt in die Ranchroutine ein.
Morgens erst einmal Versorgung und Saubermachen. Dann den Tag über die verschiedenen Ponys der Ranch arbeiten.
Ich lerne hier von der Chefin was Geitner Training überhaupt bedeutet, und bin immer wieder erstaunt, wie ähnlich sich die ganzen verschiedenen Trainingslehren doch sind.
Püppi durfte auch schon mal eine Trainingseinheit mit Timer machen, und nachdem sie 5 Minuten lang versucht hat, sich durch Weichen aus der anstrengenden Zone zu entziehen, hat sie es doch sehr gut gemacht..
Ihre Argumente waren für mich klar nachvollziehbar, „Ich soll doch sonst immer bei jedem Schei… weichen“ sagt sie und zuckt mit den Schultern “Da kann man sich doch auch einfach mal aus der Situation weg-weichen”…schlaues (faules) Pony..
Meistens nutze ich die Zeit nach dem Frühstück, um mit Püppi und Nuri einen ausgedehnten Ritt in die Umgebung zu unternehmen.
Es ist etwas völlig anderes, hier mit Strom und technischem Gerät im südlichen Schweden umherzureiten. Im Sommer geht es ja immer höher hinauf und wir versuchen Straßen und Wege weitestgehend zu vermeiden. Ich lasse mich voll auf diese neue Erfahrung ein, versuche es zumindest, und sage meinem unruhigen Herzen, dass wir Schritt für Schritt dabei sind, auch wieder eine Reise in die Einsamkeit zu wagen.
Püppi ist unheimlich brav. Sie wird diesem Sommer schon 16 Jahre alt und neben dem schockartigen Gedanken wie das passieren konnte, (gestern war sie doch erst 5!), merke ich, wie routiniert und in sich gefestigt meine kleine Stute geworden ist.
Selbst vor ungewohnt schwierigem Boden scheut sie nie zurück, setzt ihre kleinen Quarter Füße umsichtig und sicher. Sie ist wirklich eigentlich kein Pferd, dass für unebenen Boden, wechselnde Anstrengung und Alleingänge gemacht wurde; aber dann ist sie es eben irgendwie doch. Und sie wächst jeden Tag ein wenig über sich hinaus. Ich bin sehr stolz auf meine kleine Prinzessin auf der Erbse.
Nuri tobt seit dem ersten Tag, an dem ich noch mit Magen-Darm Virus über der Schüssel hing, durch den Wald. Sie ist überglücklich und frei. (Hatte ich nicht erwähnt, dass ich nach dem Anreise-Pech auch noch einen Virus hatte? Nein?)
Ich habe von meiner Family einen Tracker für Nuri bekommen. Eigentlich sollte der auch für Nocona sein, wenn ich wieder alleine auf Waldtour gehe. Aber nun trägt Fury-Nuri ihn erst einmal, und obwohl sie gut hört, fühle ich mich damit noch sicherer. Es sind immer noch um die Null Grad draußen und auch, wenn sie sehr brav ist, gibt es bei Hasen (oder Katzen) erst einmal kein Halten. Bisher kommt sie immer gleich zurück und rennt auch nicht außer Sichtweite. Aber haben ist besser als brauchen. Außerdem macht es Spaß am Ende des Tages auszulesen, wie lange sie unterwegs war, wo sie war (weiß ich ja alles, bin ja immer dabei, aber trotzdem..) und wann sie geruht hat…digitaler Spielkram eben 🙂 (Sie ist übrigens bewegungstechnisch auf Rang 5 aller Hunde der Umgebung, jawohl)
Ich bin sofort, als ich wieder einigermaßen fit war, los zum nächsten See. Mein erster See auf dieser Reise. Für den gemeinen Schweden-(Urlauber) sicher nichts besonderes mehr, aber für mich hat der erste See immer noch eine große Bedeutung.
Als ich auf meiner allerersten Reise einfach los bin, hatte ich wirklich keine Ahnung, wohin ich ging.
Ich wusste nicht, wo Wasser war, ich hatte keine Karten, geschweige denn technischen Spielkram.
Wir sind Stundenlang durch das Dickicht, in einem völlig fremden Land, weit weg von zuhause, immer einfach mittendurch. Und dann waren wir auf einmal an einem See. Ich werde dieses Gefühl nie vergessen und ich erinnere mich gemeinsam mit meinen Tieren auf jeder Reise wieder daran.
Es ist nicht selbstverständlich zu wissen, wohin man geht.
Es ist nicht selbstverständlich, dass man alles zum Leben hat.
Schon wenn man sich ein Stück vom Weg entfernt, ist man in einer Welt, die man in der Großstadt gar nicht kennenlernen kann.
Auf sich gestellt, in einer Umgebung, die eigentlich alles bietet, was man zum Leben braucht. Und dennoch so einschüchternd und fremd ist, dass simples Wasser finden zur herausfordernden Tagesaufgabe wird.
Es ist immer beängstigend für mich, wenn ich anfange darüber nachzudenken, wie schnell die Zeit vergeht. Ich mache diese Reisen jetzt schon seit über 20 Jahren! So alt war ich auf meiner ersten Reise nicht einmal…
Meine Tinkerstute Marina ist nun schon einige Jahre nicht mehr bei mir. Sie hatte Krebs und sie gehenzulassen, war vielleicht das schwerste, was ich bisher in meinem Leben tun musste. Aber ich bin nicht zornig. Ich bin dankbar und blicke voller Liebe auf 20 Jahre mit ihr zurück. Das ist mehr, als viele, viele andere Tierhalter sagen können und wir beide haben nichts ausgelassen.
Wir hatten alles.
Abenteuer, Wildnis, Wettkämpfe, Videos, Fotoserien, Leben in verschiedenen Städten..sie war meine Seelen Gefährtin.
Cara, Marinas Fohlen, wird nun 29 Jahre alt und steht bei meiner Mutter am Haus. Sie sieht großartig aus und bekommt alle Aufmerksamkeit der Welt. Sie war 6 Mal mit mir und Marina in Schweden unterwegs. Und jedes mal, wenn ich heute auf meinen Reisen an einem See stehe, denke ich an sie und versuche ihr das Bild zu schicken. Versuche ihr zu sagen, „Siehst du, Cara? Ich bin wieder hier. Ich blicke wieder sehnsüchtig über die Wälder in die unbekannte Ferne. Diesmal schauen meine Augen für dich mit und wenn ich wiederkomme, erzähle ich dir davon.“
Diese Reise ist zum ersten Mal in langer Zeit wieder “zu dritt”. Nocona, Nuri und ich. Aber in meinem Herzen sind wir immer zu fünft.
Bis zum nächsten Blog
Eure Vaile, Nocona und Nuri